Petra Hempel über Kurt Glauber

Tierbilder in Fischerhude sind eine Ausnahme. Hier schlummerten Quellen jahrelang und auf einmal sprudeln sie in lebhafter Fülle – schön und herausfordernd gleichzeitig. Keine beschauliche Weite findet sich. Denn es lebt schon etwas und bewegt sich. Man begegnet einem atmenden Wesen. Und Glauber verstand es, dass man selbst „im Bilde ist“. Die reine Seele des Tieres, seine Wahrhaftigkeit fasziniert den Menschen. Es ist in seiner Gebärde unverstellt, es ruht, springt, ist ausgelassen oder leidend. Die Landschaft, die Glauber ihm beigibt, umspielt es wie ein gutes Orchester, das weiß, wann es sich zurücknehmen muss und wann es die Dynamik unterstreichen soll.

1886 in Frankfurt/Oder geboren, wuchs Glauber in einer wohlhabenden Kaufmannsfamilie auf. Er absolvierte eine kaufmännische Lehre und studierte etwa sechs Jahre Kunst, überwiegend in Dresden. Er war ein begeisterter und ein kritischer Student und vielleicht hätte er das Studium abgebrochen, wenn nicht Emanuel Hegenbarth gewesen wäre, der in Dresden eine Tiermalklasse ins Leben rief. Das gab es nicht überall, aber im Münchner Raum, wo Hegenbarth herkam, hatte die Tiermalerei Tradition. Er war etwa 20 Jahre älter als seine Studenten und bot ihnen ein umfassendes malerisches Erlebnis in Atelier und unter freiem Himmel. Er war Zügel-Schüler und forderte ein genaues Studium der Anatomie des Tieres, während man dessen Gesten für schnelle Handskizzen zu beobachten hatte. Glauber erlangte viel Anerkennung im Studium und Stipendien nach Rom und Prag. Er illustrierte für die Tiermedizinische Hochschule Mappen über die Anatomie des Pferdes und des Rindes. Neben der exakten Wiedergabe von Knochen und Sehnen mit spitzer Feder aber genoss Glauber die empfundene Form, bei der die Kreide schräg zum Papier liegt und gewissermaßen atmend leicht die Form bildet. So spielen Licht und Schatten im Fell.

1914 wechselte Glauber an die Akademie in Leipzig. (Kunstgewerbliche Ausrichtung.) Er könnte hier den Maler Willy Menz bereits getroffen haben, dessen Familie in Fischerhude ein Sommerhaus hatte. Doch an Stelle weiterer Studien in Leipzig trat der Erste Weltkrieg. Glauber kam zur berittenen Artillerie. Er heiratete, bekam Tochter, wurde kurz nach dem Krieg geschieden und zog einige Zeit ruhelos herum, bis er seinen sehnlichen Wunsch erfüllte und ein Seminar beim Lehrer seines Lehrers besuchte, bei Heinrich Zügel! Ein Beispiel dieses Einflusses wird bei den „Kühen im Kolk“ deutlich. Zügel malte mit Licht. Er unterschied Farben des warmen Lichts und des kalten Lichts und es gab die Zwischentöne aus dem violetten Spektrum.

Wieder suchte Glauber nach einer Wirkungsstätte. Er wandte sich nach Bremen, aber er brauchte Landleben und Pleinair. So kam er 1926 nach Fischerhude, wo er in sieben Jahren Glück und Pech erlebte. Er fand in der Familie Menz Menschen, die ihn als einen der ihren aufnahmen, fand in Erica seine zweite Frau, die ihm einen Sohn schenkte, und lebte doch schon ein Jahr später mit den Seinen in einem Haus, das die Gemeinde mittellosen Fischerhudern bot, in einer Dreizimmerwohnung. Dort lebte man bis 1933.

Voller Hoffnung war Glauber ins Dorf gekommen, glaubte an die Inspirationsfülle der schönen Landschaft und dass Sommergäste im Wirtshaus einem die frischen Werke gleich abkaufen würden. Das gelang ja auch oft, aber ihm zerrann leider gleich wieder der Gewinn. Verständnis gewann er nicht für seine missliche Lage. Jan Bontjes van Beek war ihm ein offener Gesprächspartner und Freund. Bei ihm schuf er manch Tontier. Das Außenseiterdasein im Kreise der Künstler ergab sich nicht zuletzt aus der Tiermalerei. Schließlich war Bontjes fortgezogen und Glaubers wanderten nach Bremen. Sie fanden 1934 in Oberneuland auf dem Landgut Heinecken wieder einen verständnisvollen Menschenkreis und eine schöne Wohnung, wo die Höhen und Tiefen einer Künstlerexistens sich positiv gestalteten. Hier konnte man sogar kleine Ausstellungen organisieren.

Glauber nahm nie den geistigen Abstand zu der Umgebung, die er liebte. Er abstrahierte sie nicht und verfremdete nicht. Warum? Entsprach es ihm nicht? Bangte er um seine Kunden? Er ist nicht der Künstler gedanklicher Auseinandersetzung. Er beobachtete und verband sich mit seinem Sujet.

Lassen Sie uns einen kurzen Ausflug zu Franz Marc unternehmen: Sechs Jahre älter als Glauber, brach er sein Studium enttäuscht von der Akademie ab. Er war in Frankreich, setzte sich mit Kunstströmungen seiner Zeit auseinander und tauschte sich mit Menschen aus, deren Namen schon damals viele kannten und die noch heute klingen. Er fiel vor Verdun.

Lebenswege prägen das Schaffen der Menschen und es ist gut, dass sich in Buthmannshof Menschen finden, die ein Auge für die Verbindung aus Kunst und Leben haben.

1963 starb Kurt Glauber in Bremen. Er hatte viel Anerkennung und Liebe erfahren für sein Werk. Sein sympathisches Wesen ist auch heute noch in aller Munde. Überall fand man Bilder von ihm, und auch hier werden Sie gleich begeistert sein von der sprühenden Lebhaftigkeit, der Sie begegnen.

Kunstverein Fischerhude

in Buthmanns Hof e.V

Im Krummen Ort 2

28870 Fischerhude